Elli

noch nicht lektoriert, und ich freue mich auf euer Feedback

Taucht ab…

Elli

Ihre zierliche Handschrift leuchtete ihm entgegen. Er machte sich nicht die Mühe, die Wörter zu entziffern, wusste er doch, dass es ihm nur allzu schwer gelang.

Vierzig Jahre liebten und kannten sie sich bald in- und auswendig, doch ihre Handschrift blieb bis zum Schluss ihr Geheimnis. Edgar tat sich schwer, sie zu lesen. Das war ihm jetzt auch  nicht wichtig, und er ließ sich mit den beschriebenen Blättern in seiner Hand in ihren Stuhl am Schreibtisch sinken.

Wie oft hatte er sie hier gesehen: Den Kopf schräg geneigt, grübelte sie über die mehr als tausend Geschichten, die sie im Laufe der Jahre geschrieben hatte. Sein Blick glitt über das Chaos aus Blättern, Notizen, Stiften und allem anderen. Ihr Schreibplatz war unverändert. Fast so, als könne sie des Nachts einfach auftauchen. Sie würde das kleine Licht anknipsen und weiterschreiben, bis er im leeren Bett nebenan aufwachte. Schlaftrunken käme er in das Wohnzimmer und würde sie in dem warmen Licht sitzen sehen.

„Kannst du nicht schlafen?“

Er würde warten, bis ihre zierlichen Hände den Satz beendeten, ehe sie sich zu ihm umdrehte.

„Ich hatte eine Idee!“

Ihr aufgeregtes Lächeln würde ihn anstecken, auch wenn er die Faszination des Schreibens nie für sich selbst entdeckte. Doch das Leben, das seine Elli jedes Mal ergriff, wenn sie an einem neuen Projekt arbeitete, machte ihn mit ihr gemeinsam lebendig.

Edgar lehnte sich in ihrem Stuhl zurück. Das Rascheln der Blätter auf seinem Schoß war ein vertrautes Geräusch und ließen ihn an die vielen gemeinsamen Abende denken. Zwei Gläser Wein, der Feuerkorb, brennende Kerzen und der nachfragende Blick seiner Elli, wenn sie ihm vorgelesen hatte und nun auf seine Anmerkungen wartete. Wie liebte er den Klang ihrer Stimme, wenn sie ihm die eigen geschriebenen Worte vorlas.

Edgar seufzte.

Seine Hand fand zwischen dem Sammelsurium auf ihrem Schreibtisch einen Stein. Leise lächelnd dachte er daran, wie sie ebenso seelenruhig wie stundenlang an den Stränden der Welt nach Muscheln und Steinen suchte. Nicht selten resultierte ihr Übergepäck beim Heimflug von den „Schätzen“, die sie kiloweise in jeder Tasche barg. Wie oft hatte er darüber geschimpft.  Jetzt barg er den Stein in seiner Hand. Glatt war er, von den Gezeiten des Wassers geschliffen und ohne scharfe Kanten. Fast so wie seine Elli. Zart war sie, liebevoll, und er konnte sich an ihr nicht reiben, auch wenn er es hin und wieder versuchte. Ihre wenigen Streits in der langjährigen Ehe waren fast ausnahmslos vom Zaun gebrochen. Doch seine Elli nahm ihm nicht selten den Wind aus den  Segeln. So blieb seine Wut im Nachhinein wie eine kühle Brise am Meer zurück, während sie wieder gemeinsam in der Sonne standen und den Blick auf den Horizont richteten. Bald spürte er bei diesen Gedanken die salzige Luft auf seinen Lippen. Sie hatten das Meer beide so geliebt.

Darauf bedacht, nichts durcheinanderzubringen, legte er ihre Aufschriebe zurück auf den Tisch.

Edgar sah auf die Uhr. Es war kurz nach zwei an diesem Morgen und im angrenzenden Garten war es still.  Tiere wie Pflanzen schliefen, nichts brachte sie aus der Ruhe. Was war es, was ihn geweckt hatte?

Leise, um niemanden, der ohnehin nicht das war, zu wecken, schob er den Stuhl zurück und öffnete anschließend die Terrassentür. Die kühle Sommerluft zog unter sein Shirt, und er verschränkte die Arme vor der Brust. Edgar nahm einen tiefen Atemzug der Juliluft und sah auf den kleinen Sitzplatz aus geflochtenen Stühlen. Bald hörte er sich und Elli lachen, über eine Idee, die sie hatte und die beide nun bis zum äußersten, ins Lächerliche ausreizten.  Er liebte ihre Einfälle. Sie kamen so spontan und brachten jedes Mal das Leuchten in ihre Augen mit, ehe es auch die vom Wein geröteten Wangen erfasste.

Plötzlich spürte er die Tränen in sich aufsteigen. Wie vergänglich war sie doch die Zeit. Er sollte nicht hadern, mahnte sich selbst und dachte an die Freunde in seinem Alter, die längst ganz allein waren.

Am nächsten Morgen stand er vor dem Spiegel. Längst hatte er sich für das Lieblingsjacket seiner Frau entschieden und warf einen abschließend prüfenden Blick auf den Sitz. Pünktlich bestieg er kurz darauf den wartenden Wagen seines Sohnes und sah schweigend aus dem Fenster. Die Bilder der vergangenen Nacht verfolgten ihn , und er umklammerte Gedanken versunken den Stein in seiner Hand.

„Bleib mutig.“

Die aufmunternden Worte seines Sohnes und sein Schulterschlag waren alles, was ihm nach dem Aussteigen blieb. Sie würden auf dem Nachhauseweg sprechen – so wie jedes Mal.

Freundlich grüßte Edgar alle Entgegenkommenden. Er beschritt die so gut gekannten Gänge, wechselte von einem Flur in den nächsten. Sein Blick fiel aus dem großen Sprossenfenster hinaus in den Park. Sie Sonne schien an diesem Julitag und vielleicht würden sie den Tag heute draußen verbringen.

Ihre Zimmertür stand offen, und er trat ein. Er sah ihren zur Seite geneigten Kopf, während sie aus ihrem Fenster sah.

„Guten Morgen.“

Fast erschrocken fuhr sie herum, so wie früher, wenn er sie beim Schreiben unterbrach.

„Die Sonne scheint heute, vielleicht können wir noch ein bisschen nach draußen gehen.“

Sie blieb stehen und sah ihn aus großen Augen an.

„Wer sind sie?“

„Ich bin Edgar.“

Er trat auf sie zu und streckte ihr die Hand mit dem Stein entgegen.

„Kennen wir uns?“

Zögernd griff sie nach dem Stein und schob ihn zwischen ihren kleinen Fingern hin und her.

„Er ist wunderschön.“

„Du hast ihn gesammelt.“

„Wo?“

Ohne den Blick abzuwenden, ließen sie sich auf der kleinen Sitzgruppe nieder, und Edgar begann von dem Urlaub in Frankreich zu erzählen.

Heute war er derjenige, der Geschichten längst vergangener Zeiten erzählte, während seine Elli ihm lauschte. Sie tauchten beide ab: Er in seinen Erinnerungen, und sie in ihrer Phantasie, und Edgar hoffte jedes Mal, dass seine Frau sich darin selbst begegnen würde.

Spätsomma

Die Ferienzeit neigt sich dem Ende, ebenso wie der Sommer, auf den wir das ganze Jahr gewartet haben. Er macht in diesen Tagen einem Spätsommer alle Ehre und nach meinem überstandenen 40. Geburtstag befinde auch ich mich, gefühlt kurz vor dem Klimakterium, mitten drin im „Altweibersommer“. ;)😂

 Tatsächlich hat die Welt sich nach dem Tag X nicht aufgehört zu drehen. NEIN, vielmehr scheint sie noch an Geschwindigkeit zugenommen zu haben, bei all meinen Projekten die nun endlich auf Erfüllung drängen. Die Frankfurter Buchmesse rückt Tag für Tag näher und das White Board ist überfüllt mit „dringenden “ Dingen.  Der Vorsatz mit diesem Office-Monstrum weg von den 1000 Zetteln  hin zu etwas Ordnung zu kommen, weicht nach und nach mit den zusätzlich angefertigten handschriftlichen Notizen. Doch es hilft kein Jammern, nur abarbeiten, doch heute Morgen , jetzt um kurz nach vier, denke ich an euch und meinen blog. So sende ich euch dieses Lebenszeichen aus diesem Sommer, aus diesen Tagen, in denen auch die Ferien zur Neigen  gehen. Bald hat uns der Alltag wieder voll im Griff und für die Kurzen beginnt die Schule wieder. 

Gestern abend habe ich zum einschlafen einen Podest gehört über die Wandlung der deutschen Sprache unter dem Einfluss der Migration. Tatsächlich war es so interessant, dass an ein Einschlafen nicht zu denken war. Als Mutter von drei Jungs fühlte ich mich verstanden, bekräftigt, bestätigt bei meiner Wahrnehmung, dass das Schwinden der deutschen Grammatikfälle kein Einzelphänom in unserem Haushalt ist. Genitiv und Dativ weichen scheinbar widerstandslos dem Akkusativ und die Zauberwörtchen der Präpositionen entern das Schiff der Muttersprache. Da gibt es nur noch „Schuhe von Moritz“ (anstatt Moritz‘ Schuhe), „das Haus vom / von Nachbar“ ( anst. D.H.des Nachbarn) und „ich mach Schule “ ersetzt die Hausaufgaben.

Überhaupt „machen“ wir unheimlich vielen unserem Haus : “ vom Abwasch, über den Fernseh an, das Essen bis hin zum Zimmer“ . Verschwunden sind die vielen Verben, Tunwörter, deren Deklination die Grundschüler hin und wieder an ihre Grenzen bringt, wenn wir nicht mehr „abwaschen, einschalten, Essen kochen oder aufräumen“.

Doch auch ich habe heute schon „gemacht“ und zwar entschieden, dass ich die anderen Projekte später mache, gleich nach dem Blog und dem googeln, was  diese Spätsommertage zum Altweibersommer macht. Und nein,  es ist nicht der Reigen all jener, die in diesen Sommermonaten älter geworden sind. Vielmehr stammt der Ausdruck irgendwann aus dem 19. Jahrhundert als die Sprache noch unverroht war.  So leitet sich der Ausdruck von den Spinnenfäden her, mit denen junge Baldachinspinnen im Herbst durch die Lüfte segeln. Ihr Flugfaden erinnerte die Menschen an das graue Haar alter Frauen und mit „weiben“ wurde im althochdeutschen das Knüpfen von Spinnenweben bezeichnet.

Lt. Wikipedia legt eine andere Erklärung das Motiv der zweiten  Jugend bei Frauen nahe, die als unzeitig und nur für kurze Zeit andauernd angesehen war. Also ich tendiere zu dieser zweiten Variante, da ich es mit Spinnengetier nicht so sehr habe. Zumal es mich jetzt schon kribbelt wenn ich an den Volksglauben denke, wonach es von einer baldigen Hochzeit kündet, wenn sich solch ein Spinnenfaden im Haar eines Mädchens verfängt…

In diesem Sinne wünsche ich euch noch viel Sonne und wenn es doch einmal regnet, einen Regenbogen. 

“ Ein Hoch auf den Somma, macht euch ne schöne Zeit. Macht Erholung und tut das mal so richtig genießen! “ ;):)

Eure Nadin

40 – argh ….

Vor einiger Zeit habe ich ihn selbst geschrieben und gepostet: den Beitrag mit dem Titel “ 40 – na und“. 
Nun neun Tage vor meinem eigenen 40. Geburtstag bleibt in meinem Kopf die „40“, während das „na und“ täglich, fast stündlich mehr und mehr weicht.  Was für ein gruseliges Gefühl, bald einer Midlife Crises gleichend, macht sich in meinem Bauch und Hals breit. Liegt schwer im Magen und schnürt mir die Kehle zu, wenn ich nur an diesen Geburtstag denke. Dabei hat es weniger mit dem Alterungsprozess an sich zu tun, ich würde wohl unbedarft 41 werden,  als vielmehr mit dieser magischen Grenze, die 40 für mich impliziert. Wenn ich optimistisch, meinen ungesunden Lebenswandel einmal ausblendend, davon ausgehe, das hohe Alter von achtzig zu erreichen, dann habe ich am 20. mit dieser „40“ die Hälfte meines Lebens bereits hinter mir. Dazu mischt sich dieses unangenehme  Gefühl, dass,  ähnlich wie beim Bergfest, die zweite Etappe immer kürzer erscheint und die Zeit schneller zu fliegen beginnt… Wer kennt es nicht dieses Gefühl, das die zweite Urlaubswoche schneller vergeht als die erste oder der Abstieg von Berg, der Rückweg einer Reise kürzer erscheint. – ARGH ….

Ja, ich hadere damit und gebe es offen zu. Mein Versuch heute morgen einen Blog für euch zu schreiben, ist ebenso kläglich an dieser Situation gescheitert wie mein Versuch, den Geburtstag samt Fest einfach ausfallen zu lassen. 

 Nun habe ich mich dennoch entschieden, euch einfach daran teilhaben zu lassen. Vielleicht ging es ja dem/ der einen oder anderen auch schon so.

Nichts desto trotz oder gerade deshalb wünsche ich allen wundervolle Augusttage, in denen sich die Sonne bald wieder zeigt. Euch und mich mit ihrer Wärme umarmt, das Lachen mitbringt und uns allen zeigt: „so schön kann Leben sein“ ;):)😂