Der Körper, die Seele, ich und ES …

Es ist Freitagmorgen. Punkt 4.04 Uhr.

Ich sitze im Garten. Auf dem Foto sieht es gemütlich aus. Wie ein warmer, gemütlicher Abend nach Sonnenuntergang. Dem aufmerksamen Betrachter wird die Kaffeetasse, der Fehler in diesem Suchbild nicht entgangen sein: Richtig, es ist morgens und lange VOR Sonnenaufgang.

Ich bin seit zwei Tagen und Nächten mit Migräne geschlagen. Mit allem was dazu gehört von Augenflimmern bis Übelkeit, die mir das längere Schlafen, oder das Schlafen überhaupt noch mehr erschwert. Da ist er wieder, dieser Dauerkopfschmerz, den ich nun bei der zweiten Tasse Kaffee, versuche mit dem Ausblick auf den letzten Arbeitstag der Woche und dem anstehenden gemeinsamen Urlaub zu verdrängen.

Kommt diese Migräne, von der ich in den letzten Jahren -zumindest in diesem abscheulichen Ausmaß-längere Zeit verschont worden bin, vielleicht von dem letzten Wetterumschwung, dem verspannten Nacken oder anderer „hormoneller Frauendinge“…?! Oder ist es doch eher, wie das Buch, das ich vor einigen Jahren geschenkt bekommen habe, ein Ausdruck meiner Anspannung?

Zugegeben, die Abgabetermine für zwei Kurzgeschichten und das Weiterschreiben an dem Romanprojekt saßen mir „buchstäblich“ im Nacken. Die Vorbereitungen des kommenden Campingurlaubs gemischt mit der hurtig eingeschobenen Badrenovierung, bei der natürlich nichts so klappte wie ich mir das vorstellte und angeschlagene Kinder kamen mal wieder zeitgleich zusammen.

„Schmerz als Ausdruck der Seele.“-

Ich erinnere mich gut an meine erste Reaktion. als ich dieses Buchgeschenk geöffnet und irritiert auf den Titel geschaut hatte.  Hin und hergerissen zwischen einem „Was soll denn das? Nimmt man meine damals vorherrschenden Beschwerden nicht ernst?!“ bis zu „Kann das überhaupt sein?“, blieb es erstmal unberührt.

Das Buch stand lange ungelesen in meiner mehrere hundert Bücher umfassenden Regalwand in unserem Wohnzimmer. Einmal fast vergessen, fiel es mir vor zwei Jahren wieder in die Hände. Erneut kopfschüttelnd ablehnend, wollte ich es gerade wieder zurückstellen, als ich darüber nachdachte, dass der Schenker mir eigentlich wohlgesonnen, ein Freund und noch dazu pädagogisch wie therapeutisch ausgebildet war. Also nahm ich es an, es in die Hand und begann bei den ersten Sonnenstrahlen darin zu lesen.

An den einzelnen Inhalt erinnere ich mich nicht mehr genau. Wohl aber daran, dass ich es innerhalb kürzester Zeit bis zum Ende las. Mehr als einmal war ich erstaunt über die darin versammelten Erkenntnisse und bin heute, auch dank des Buches, offener denn je für die kleineren und größeren Wehwehchen in mir und um mich herum.

Fast sensibilisiert nimmt man plötzlich wahr, wenn die Freundin vom Stress im Büro erzählt und anschließend über seit Tagen anhaltendes Sodbrennen klagt. „Es schlägt dir ganz schön auf den Magen, was ?“ – „Ja.“

Die Frau, die einmal zum Kaffee eingeladen all die angestauten Emotionen über die Zwistigkeiten in ihrer Ehe herausläßt und dabei das seit Tagen sich beständig haltende Halsweh nicht ignoriert.  „Du hast regelrecht einen Kloß im Hals – sprich es endlich aus!“

Die Bekannte, die mit ihren drei Nebenjobs, sich mit bloßem Auge erkennbar schon viel zu viel aufgeladen hat, ist heute zu hause geblieben, nachdem sie wegen furchtbarer Schmerzen in den Beinen einen Orthopäden aufgesucht hat. „Marie, das ist alles zu viel! Es zwingt dich in die Knie!“ – „Ich weiß!“

Beim Abholen des Kleinsten im Kindergarten höre ich eine Dreifachmutter, mit dem Säugling auf dem Arm, über die schlaflosen Nächte klagen. „Außderdem ist mein Ohr schon seit Tagen zugefallen. Ich habe richtig Schwindel!“ … sie hat ganz eindeutig „zu viel um die Ohren.“

Wenn wir mal lauschen und beobachten dann hören wir sie so oft. Diese Redewendungen, die wir fast tagtäglich und vielleicht unbewusst benutzen. Nach deren Aussprechen wir aber meistens den Prozeß des Beobachtens und Reflektierens schon wieder beenden.  Wir sollten uns darauf einlassen, uns selbst wieder genauer wahrzunehmen, in dieser hektischen und schnelllebigen Welt. Die Gedanken und Gefühle nicht immer so schnell und so gerne in die, in uns allen sicher vorhandenen Eimerchen schieben, bis sich irgendwann ein Deckel wegen Überfüllung nicht mehr schließen lässt.

Das Sodbrennen:  „die Galle kommt uns hoch“ ; das Völlegefühl : „diesen Stein im Magen“ ;  die Rückenschmerzen: „Ich habe mir zuviel aufgeladen“ … und auch alles Andere ernsthaft zum Anlass nehmen, um  mal wieder in uns reinzulauschen.

Dann, ja dann haben wir sicher auch die Chance, vielleicht schon heute wieder unser „Herz vor Freude hüpfen zu spüren“!   😉

In diesem Sinne einen wunderbaren Freitag, eure Nadin